Vorlesungsverzeichnis - SoSe 2025

Bildung ist ein Empowerment-Recht, das Teilhabeoptionen in anderen Lebensbereichen wie Arbeit, Gesundheit und Kultur eröffnet. Allzuoft reproduziert des Bildungssystem jedoch auch bestehendende soziale Ungleichheiten, indem es insbesondere für diejenigen anschlussfähig ist, die den – zumeist bürgerlich-mittelschichtsgeprägten – Normalitätserwartungen entsprechen. So wird häufig wird von der KiTa bis zur Hochschule sowie der beruflichen Bildung erwartet, dass lautsprachlich (nicht etwa gebärdensprachlich) kommuniziert wird, es werden bestimmte sozial-emotionale Kompetenzen vorausgesetzt (nicht etwa, dass jemand Rückzugsräume benötigt), es werden bestimmte körperliche Entwicklungsstandards und Normen erwartet (die Rede ist im pädagogischen Diskurs häufig von ‚Meilensteinen der Entwicklung‘, Screenings zur Feststellung von ‚Abweichungen‘ werden durchgeführt). Diese Orientierung des Bildungssystems an körperlichen, sprachlich-kommunikativen und psychisch-emotionalen Normvorstellungen und Idealen geht jedoch häufig an der tatsächlichen menschlichen Diversität der Bildungsadressat*innen vorbei. Sie erzeugt letztlich erhebliche Hilfe- und Teilhabebedarfe und steht vielfach dem Recht auf gleichberechtigte Teilhabe und Inklusion (UN-BRK, Art. 24) entgegen.

Im Seminar geht es um Zusammenhänge wie diese. Was ist eine Behinderung? Wer wird behindert? Welche Barrieren können Behinderungen evozieren? Welche Behinderungserfahrungen prägen den Alltag von Menschen mit Beeinträchtigung? Welches Verständnis von Inklusion sowie Exklusion vertreten wir? Welche Rolle spielen gesellschaftliche, politische und rechtliche Strukturen? Sind Leistungsorientierung und Inklusion überhaut miteinander vereinbar? Dies sind Fragen, die sowohl für die Kindheitspädagogik als auch die Soziale Arbeit von großer Bedeutung sind. Durch die gemeinsame Planung, Gestaltung und Reflexion inklusiver Bildungssettings – angefangen von der frühen Kindheit und ihren elementaren Bildungssettings bis ins Erwachsenenalter und zum Übergang in den Beruf – bauen wir ein Grundverständnis für die Erfordernisse und die Verantwortung für Inklusion und Teilhabe in Bildungskontexten auf. Dafür kooperieren wir mit Einrichtungen vor Ort und kommen mit Expert*innen aus dem Praxisfeld Bildung und mit Absolvent*innen unserer Studiengänge in den fachlichen Austausch.

Dass sich junge Menschen radikalen Gruppen und Weltbildern aus dem Bereich der extremen Rechten oder des demokratiefeindlichen Islamismus zuwenden, wird seit einigen Jahren als soziales Problem diskutiert, das auch die Soziale Arbeit betrifft. Im Seminar beschäftigen wir uns zunächst aus einer kritischen Perspektive damit, was unter Radikalisierungsprozessen zu verstehen ist. Wie lassen sich problematische Entwicklungen einerseits von legitimen Prozessen der Herausbildung einer eigenen politischen Identität andererseits unterscheiden? In einem zweiten Schritt erarbeiten wir ausgehend von Forschungsbefunden Gründe dafür, wieso sich junge Menschen demokratie- und menschenfeindlichen, z.T. auch gewaltorientierten Gruppen und Weltbildern zuwenden. Dabei betrachten wir insbesondere die Rolle von Geschlechterbildern und digitalen Medien.