Übung: BA S Hi/S10.1/1a Systemische Beratung - Trainingskurs A/a (KiMstA) - Details
Sie sind nicht in Stud.IP angemeldet.

Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Übung: BA S Hi/S10.1/1a Systemische Beratung - Trainingskurs A/a (KiMstA)
Veranstaltungsnummer BA S Hi/S10.1/1a
Semester WiSe 2019/20
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 21
maximale Teilnehmendenanzahl 20
Heimat-Einrichtung Stg BA Soziale Arbeit Hildesheim (BA S Hi)
Veranstaltungstyp Übung in der Kategorie Lehre
Erster Termin Montag, 16.09.2019 14:00 - 18:00, Ort: HIH - FK S - Brühl 20, Fachwerkhaus (Alte Bibliothek) mit Monitoren
SWS für Studierende 4

Kommentar/Beschreibung

Systemische Therapie und Beratung (STB)


1. Geschichte

Die systemische Therapie und Beratung entwickelte sich ab ca. 1960 vor allem aus den Bereichen der Sozialen Arbeit und der Psychiatrie-Forschung. In beiden Kontexten fiel auf, dass es oft keinen Sinn machte, einen Klienten isoliert zu betrachten und zu behandeln. SozialarbeiterInnen beispielsweise betonten schon damals, dass ihnen das Verhalten der Eltern oder anderer naher Bezugspersonen oft genauso unverständlich, problematisch oder verrückt erschien wie das des so genannten Klienten. Man ging also dazu über, ganze Systeme zu beschreiben und zu behandeln.

Zunächst experimentierte und forschte man vor allem mit Familien. Deshalb wurde systemische Therapie zunächst als ‚Familientherapie’ bekannt. Inzwischen spricht man von ‚systemischer Therapie und Beratung’. Denn Menschen leben auch in anderen Systemen und Kontexten (Schule, peer-groups, Arbeitsplatz etc.), die einen Einfluss auf sie haben und umgekehrt von ihnen beeinflusst werden.

Systemisches Denken und Handeln hat sich inzwischen entsprechend auch in Schulen, Organisationen, im Management und in der Familienmedizin etc. etabliert.

Der systemische Ansatz entwickelte sich nicht zufällig zeitlich parallel zur Ökologiebewegung. Auch in anderen Bereichen sah man die Notwendigkeit, vernetzt zu denken. (So wie es zum Beispiel einem kranken Baum nicht viel hilft, wenn man ihn alleine behandelt, aber nicht die Umweltbedingungen mit verändert, so nutzt es einem kleinen Kind mit Symptomen oft wenig, wenn man mit ihm alleine eine Spieltherapie beginnt, die desolate Familien- oder Schulsituation aber unverändert bleibt).

Dieses vernetzte Denken lässt sich auch gut anhand der Metapher eines Mobiles verdeutlichen: Stellen Sie sich zum Beispiel eine Familie oder eine Schulklasse als Mobile vor. Angenommen an einem Element dieses Mobiles nehmen Sie Veränderungen vor, dann gerät das ganze System ins Schwanken, da alle Einzelelemente miteinander vernetzt sind. Kein Element bleibt von der Veränderung unberührt...


2. Theoretische Grundlagen

Die systemische Therapie/Beratung (STB) beruht auf Erkenntnissen der modernen Systemwissenschaften wie u.a. der Systemtheorie, der Kommunikationstheorie und der Kybernetik. Auf der Grundlage dieser Modelle betrachtet die STB Störungen bzw. Symptome eines Individuums im Interaktionsgeflecht seiner Beziehungen. Diese werden also nicht intrapsychisch gedeutet, sondern als Beziehungsphänomene beschrieben. Erklärungsansätze berücksichtigen entsprechend den Lebenskontext (situativ, familiär, gesellschaftlich, historisch) des Individuums, in dem sein Verhalten Sinn macht und somit verstehbar wird.
Statt einseitig gerichteten Ursache-Wirkungs-Ketten (lineare Kausalität) zu folgen, beschreibt die STB, wie sich Verhaltensweisen gegenseitig bedingen (Zirkularität, Rekursivität, Selbstreferenz).





Die Erkenntnis der Vernetztheit und Selbstreferenz von Verhaltensabläufen lässt nicht den Schluss zu, dass Eigenverantwortlichkeit und Entscheidungsfähigkeit eines Individuums aufgehoben sind. Die STB geht im Gegenteil davon aus, dass jeder Mensch Fähigkeiten und Ressourcen hat, seine Situation mit zu gestalten und nicht (nur) Opfer innerer oder äußerer Umstände oder einer Krankheit ist.

Weitere wichtige Grundlage sind die Ideen des Konstruktivismus. Dazu gehört die Erkenntnis, dass es keine vom Beobachter unabhängige Wirklichkeit gibt und dass bereits der Beobachtungsvorgang verändert, was beobachtet wird. Das bedeutet konkret: Therapeuten/Berater können nicht länger die Rolle des unbeteiligten Beobachters einnehmen. Sie bestimmen vielmehr die Eigenschaften des beobachteten Systems mit und damit werden sie in die beobachtete Wirklichkeit einbezogen, sind Teil von ihr. Konsequenz: Therapeuten/Berater müssen Verantwortung für ihr Verhalten, ihre Beschreibungsmodelle sowie deren Implikationen übernehmen.

3. Ziele der Beratung
Systemische Therapie/Beratung orientiert sich an einem Evolutionsmodell. Es gilt das Prinzip des Anstoßens, nicht des Durcharbeitens. Durch die Einführung neuer Informationen und/oder die Verstörung von alten Denk-, Fühl- und Verhaltensmustern und Problemlösestrategien während der Sitzungen werden neue Möglichkeiten der Selbstorganisation geschaffen. Systemisch arbeitende Therapeuten/Berater
• sind sich dabei der Subjektivität ihrer Beschreibung der Wirklichkeit bewusst
• entwickeln möglichst viele, auch konträre Hypothesen
• arbeiten ressourcen-, lösungs- und zielorientiert statt pathologisierend und defizitorientiert.
• unterstützen ihre Klienten in einer vielschichtigen, systemischen Sichtweise sowie in ihrer Selbstverantwortung für Veränderungen.
4. Methoden
Die systemische Therapie/Beratung verfügt über eine Vielzahl von Methoden, welche je nach Kontext modifiziert werden müssen. Dazu gehören unter anderem:
• Detaillierte Kontextklärung (Wie macht ein Symptom, eine Verhaltensauffälligkeit, eine Krise in diesem Kontext Sinn?)
• Hypothesenbildung (der Versuch, alle über ein bestimmtes System zur Verfügung stehenden Informationen entsprechend einer zirkulären Sichtweise zu ordnen)
• Zeichnen und Analyse von Genogrammen (Familienstammbäumen) oder Organigrammen (Organisationsschemata)
• Zirkuläres Befragen (eine spezielle Fragetechnik die darauf abzielt, als Berater sowohl relevante Informationen über ein System zu gewinnen als auch dem System neue Informationen anzubieten).
• Reflecting Team (die Zusammenarbeit mit Kollegen/einem Team, welche die Sitzung mitverfolgen und ihre jeweiligen Sichtweisen – in Anwesenheit des Klienten - hinzufügen).
5. Einsatzmöglichkeiten und Grenzen
Systemisches Denken und Handeln hat sich inzwischen nicht nur in der Therapie/Beratung (mit Einzelnen, Paaren, Familien, Gruppen) fest etabliert, sondern ist auch erfolgreich z.B. in den Bereichen Coaching, Organisationsentwicklung, Management, Supervision, systemische Familienmedizin. Systemisches, d.h. vernetztes, zirkuläres Denken ist prinzipiell überall sinnvoll einsetzbar. Grenzen liegen nicht in der Methode (die je nach Kontext angepasst werden muss), sondern wenn, dann eher in der Person des Beraters.
Wichtig sind Kenntnisse des systemischen Ansatzes vor allem für Studierende, die später in ihrem Arbeitsfeld mit komplexen (Klienten- und Helfer-) Systemen zu tun haben wie zum Beispiel Jugendamt, Heimerziehung, Familienhilfe, Beratungsstellen etc.

6. Seminarplanung
In den Trainingskursen ‚Systemische Therapie und Beratung’ geht es zunächst darum, das beschriebene vernetzte, kontextbezogene Denken zu reflektieren und sich mit dem entsprechenden Menschenbild vertraut zu machen. Anschließend werden die zentralen Methoden dieses Ansatzes (Hypothesenbildung, Genogramm-Arbeit, Zirkuläres Fragen, Reframing etc.) vorgestellt.
Mit Hilfe von Videos, Life-Demonstrationen und Rollenspielen wird in Kleingruppen geübt:
• Wie wird die Beratung optimal vorbereitet?
• Wie sieht der Ablauf eines ersten Gesprächs aus?
• Welche Unterschiede gibt es zwischen Einzel-, Paar- und Familiengesprächen?
• Wie gelingt es mir, einen guten Kontakt – auch zu ‚schwierigen’ Klienten - herzustellen und aufrecht zu erhalten?
• Wie gehe ich vor, wenn jemand zwangsweise zu mir in die Beratung kommt (meine Position zwischen Beratung und Kontrolle)?
• Wie gehe ich mit ‚Widerstand’ um und was tue ich, wenn ich in einer ‚Sackgasse’ gelandet bin?
• Welche Rolle spielt der Beratungskontext/andere Helfersysteme? etc.
• Wie gelingt es mir, meine sprachliche Kompetenz zu erhöhen (sinnvolle, hilfreiche und Entwicklung fördernde Fragen zu stellen)?

Die beschriebenen Theorie- und Praxisteile werden ergänzt durch Selbstreflexion in Kleingruppen (Aus welchem ‚System’ stamme ich und wie prägt dies meine Wahrnehmung von bestimmten Klienten und Beratungssituationen?)

7. Einführende Literatur:
Arist von Schlippe/Jochen Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Göttingen, Verlag Vandenhoeck & Ruprecht
(Das Buch entwickelt praxisbezogen die theoretischen Konzepte, die hinter systemischem Denken stehen, macht eingehend vertraut mit den Techniken und Anwendungsmöglichkeiten und veranschaulicht sie an zahlreichen Fallbeispielen. Ein sehr gutes Grundlagenwerk zum Einstieg).

Fritz Simon/Christl Rech-Simon: Zirkuläres Fragen. Systemische Therapie in Fallbeispielen. Ein Lernbuch. Heidelberg, Carl-Auer-Verlag 6. Auflage 2004
(Sehr anschaulich und praxisnah werden die einzelnen Schritte systemischer Beratungsgespräche anhand von kommentierten Gesprächsausschnitten dargestellt. Eine anspruchsvolle, aber sehr leicht lesbare und anschauliche Einführung).

Anmelderegeln

Diese Veranstaltung gehört zum Anmeldeset "S10.1 Beratung".
Folgende Regeln gelten für die Anmeldung:
  • Die Anmeldung zu maximal 1 Veranstaltungen des Anmeldesets ist erlaubt.
  • Die Anmeldung ist möglich von 23.07.2019, 08:00 bis 06.10.2019, 23:59.
  • Diese Regel gilt von 23.07.2019 08:00 bis 29.07.2019 07:59.
    Die Anmeldung ist nur für Teilnehmende mindestens einer der folgenden Veranstaltungen erlaubt:
    • PibLes (Vorzeitiges Eintragen für Studierende in besonderen Lebenssituationen) WiSe 2019/20 (WiSe 2019/20)
  • Diese Regel gilt von 29.07.2019 08:00 bis 08.08.2019 19:59.
    Die Anmeldung ist nur für Teilnehmende mindestens einer der folgenden Veranstaltungen erlaubt:
    • Gremienarbeit (Vorzeitiges Eintragen für Studierende in Gremien) WiSe 2019 (WiSe 2019/20)
  • Es wird eine festgelegte Anzahl von Plätzen in den Veranstaltungen verteilt.
    Die Plätze werden in der Reihenfolge der Anmeldung vergeben.
Veranstaltungszuordnung: